#17: Chōwa - Der japanische Weg innerer und äußerer Harmonie (+ Buchtipp)
Warum chōwa?
Chōwa kann übersetzt werden mit „Streben nach Harmonie“. Wie durch das Wort „Streben“ ausgedrückt wird, geht es um die aktive Suche nach Balance im Leben. Gleichgewicht ist normalerweise kein Zustand, der sich automatisch einstellt – wir müssen etwas dafür tun, um ihn zu erreichen. Chōwa kann uns helfen zu erkennen, was wir brauchen, um uns besser auf das Leben vorbereitet zu fühlen.
Beobachte deine Wünsche
Jeder kennt es: Wir wünschen uns sehnlichst diese eine Sache, sagen wir die neue stylische Küchenmaschine. Wir denken, wenn wir diese eine Sache hätten, wären wir glücklich. Dass dieses Gefühl der Glückseligkeit dann meist nicht lang anhält, ist Tatsache. Häufig kann uns der Gegenstand an sich nicht langfristig erfüllen. Schon bald kommen neue Wünsche, neue Bedürfnisse hinzu. Ein weiser japanischer Spruch besagt ungefähr Folgendes: „Wenige Wünsche, weise Genügsamkeit“. Das soll heißen: Kümmere dich nicht um die Dinge selbst, sondern um den Wunsch danach. Ich finde diese Ansicht absolut mindshifting! Denn wenn wir immer nur weiter kaufen, kaufen, kaufen, beheben wir nur kurzzeitig das Symptom (Verlangen). Es ist also ratsam, die eigenen Wünsche zu hinterfragen, wenn wir das Gefühl haben, aus dem Gleichgewicht gekommen zu sein.
Bitte nicht falsch verstehen: Es ist völlig in Ordnung, sich eine Küchenmaschine zu kaufen. Wenn du damit glücklich bist, go ahead! Dieser Artikel ist für diejenigen, die sich mit ihren Käufen nicht wohlfühlen und etwas an ihrem Verhalten ändern möchten.
Fülle fühlen
Wenn du dich fragst, warum du dir die stylische Küchenmaschine wünschst, kommst du vielleicht auf grundlegendere Bedürfnisse, die nicht gestillt sind. Beispielsweise ist der Wunsch nach der Küchenmaschine ein Ausdruck dafür, dass du dazugehören willst – schließlich haben alle in deinem Freundeskreis einen Thermomix. Oder er ist ein Symbol dafür, dass du weniger arbeiten möchtest und dir mehr Freizeit wünschst, um Dinge machen zu können, die dir Freude bereiten wie beispielsweise das Backen. Wir alle haben unbefriedigte Bedürfnisse und es ist unsere Aufgabe, diese zu erfüllen, wenn wir ein glückliches Leben führen wollen. Doch wie wir das tun, ist entscheidend für unser Glück.
Ein guter Tipp ist, sich der Fülle wieder bewusst zu werden, die bereits jetzt in unserem Leben ist. Wir haben SO viel. Damit meine ich nicht nur Besitz, wir haben Freund*innen, Möglichkeiten, einen Körper, der uns dient (hoffentlich), Freizeit (mal mehr mal weniger),… Wenn wir wissen, wie es sich anfühlt genug zu haben, können wir dem Bedürfnis nach Mehr selbstbewusst entgegentreten, die Macht der Wünsche (oder der Gier) eindämmen. Denn, dir ist es vielleicht selber schon aufgefallen: Je mehr wir wollen, desto unzufriedener sind wir. Wenn Wünsche Unzufriedenheit nach sich ziehen, ist eigentlich klar, dass wir versuchen sollten, unsere materiellen Wünsche zu reduzieren. Zumindest wenn wir mehr Zufriedenheit in unserem Leben anstreben. Hierbei geht es nicht um Minimalismus. Unser Leben zu entrümpeln kann zwar enorm befreiend sein, es führt aber nicht automatisch zu innerer Ausgeglichenheit. Chōwa lehrt uns darüber nachzudenken, weshalb wir Dinge haben wollen – uns also um unsere Wünsche zu kümmern. Versuche es einmal mit folgender Affirmation:
„Ich habe genau, was ich brauche.“
Um dauerhaftes Gleichgewicht herzustellen, müssen wir an der Wurzel unseres Konsumverhaltens ansetzen, nämlich dem Wunsch, mehr und mehr kaufen bzw. mehr und mehr Geld verdienen zu müssen. Denn das führt gewöhnlich dazu, dass wir unsere Umwelt stärker belasten und die Welt damit aus dem Gleichgewicht bringen. Wenn du dein Denken änderst hin zum „Ich habe bereits alles“, wird sich auch dein Konsumverhalten zum Positiven verändern und du wirst insgesamt ausgeglichener sein. Eine meiner Lieblingsaffirmationen ist auch diese hier:
„Ich ziehe nur Fülle in mein Leben.”
Probier es doch einfach mal aus. Was hast du zu verlieren?"
Innere und äußere Harmonie
Ein anderer Weg, um innere und äußeren Harmonie herzustellen, führt über das Aufräumen. Bereits an mehreren Stellen auf diesem Blog habe ich darüber geschrieben, welchen Mehrwert die Beschäftigung mit unserem Besitz für unser Leben bedeutet. Du kannst es hier oder hier nachlesen.
Ein weiterer toller Effekt des Aufräumens ist, dass es unsere innere und äußere Welt wieder ins Gleichgewicht bringt. Akemi Tanaka schreibt: „Einer der Gründe, warum die japanische Form des Aufräumens so beliebt wurde, ist unsere stillschweigende Verbindung mit dem natürlichen Fluss der Dinge: Zwischen dem Aufräumen unseres Heims und unserem inneren Gleichgewicht besteht eine enge Verbindung. Sein Heim sauber zu halten ist ein Weg, sich auf die Rhythmen der Natur einzustellen.“
Die traditionelle japanische Religion, das Shinto, geht davon aus, dass überall in der Natur kami (Geister) leben. Auch menschengemachte Dinge entstammen der Natur entstammen, weshalb also auch unsere Gegenstände eine Seele bzw. einen inneren Wert haben. Dieser Glaube lehrt uns, allem um uns herum mit Respekt zu begegnen. Eine Möglichkeit, unserem Hab und Gut Respekt zu zollen, ist es, unsere Dankbarkeit auszudrücken. Hast du etwas, das du regelmäßig benutzt und das dir wirklich gute Dienste leistet? Dein Lieblingssessel, deine Armbanduhr oder ein schöner Teller? Viele dieser Dinge dienen dir vielleicht bereits seit Jahren. Wäre es nicht angemessen, dass du dich bei Ihnen (im Geiste) bedankst und dir vornimmst, dich gut um sie zu kümmern?
Der Ausdruck von Dankbarkeit spielt auch beim Aufräumen nach der KonMari® Methode eine wichtige Rolle. Einerseits ist die besondere Falttechnik, die wir verwenden, ein Zeichen für unsere Wertschätzung gegenüber den Kleidungsstücken, die uns begleiten: Wir breiten das Kleidungsstück aus und streichen mit der flachen Hand darüber, um es zu glätten. Wenn wir dabei schätzen, was das Kleidungsstück für uns tut, wird eine positive Energie übertragen. Auch allem, was wir aussortieren, zeigen wir den gebührenden Respekt, indem wir es nicht achtlos in eine Tüte werfen, sondern uns noch einmal bewusst Zeit nehmen, um dem Gegenstand zu denken, bevor wir ihn gehen lassen.
Inspiriert vom Shintoismus hat sich in Japan eine Glaubensvorstellung herausgebildet, die eine wichtige Chōwa-Lektion enthält: Wenn wir Sorge für unser Heim tragen, dann wird es wiederum für uns sorgen. Ich finde das eine sehr schöne Vorstellung. Oft ist es so, dass dir dein Zuhause mitteilt, wie es gestaltet werden will. Schau dich um: Ist der Schrank an diesem Ort wirklich glücklich? Wo möchte dieser Koffer verstaut werden? Fühle mehr die Energie deines Zuhauses anstatt dich an alten Denkmustern festzuhalten. Während des Aufräumens nach der KonMari®-Methode ist es ein ganz natürlicher aber immer wieder faszinierender Prozess, dass dir dein Zuhause selbst die besten Staumöglichkeiten aufzeigt.
Deinem Zuhause etwas zurückgeben
Wechsle doch mal die Perspektive und frage dich: Was braucht mein Zuhause, damit es glücklich ist? Sollen die Fenster vielleicht mal wieder geputzt werden, damit das Haus nach draußen „sehen“ kann? Wo ist das energetische Zentrum deines Zuhauses? Spür nach und kontrollieren, ob die Energie dort frei fließen kann. In Marie Kondos erster Netflix-Serie sieht man, wie sie stets zu Beginn einer Session das Haus begrüßt. Dazu sucht sie das energetische Zentrum des Hauses, kniet sich hin, schließt die Augen und spürt nach. Sie bittet das Haus um Unterstützung beim Aufräumprozess. Diese kleine Geste der Achtsamkeit zeigt, dass man sein Zuhause nicht als selbstverständlich empfinden sollte. Ein glückliches Zuhause macht auch dich wieder glücklich. Wenn wir uns darauf besinnen, was unser Heim braucht, können wir lernen, uns in unserem Heim Zuhause zu fühlen.
Zusammenfassung
In diesem Artikel hast du gelernt, wie du innere Ausgeglichenheit erreichen kannst. Einmal durch das Hinterfragen von Wünschen und die Konzentration auf die Fülle, die bereits in deinem Leben vorhanden ist. Und einmal durch die Besinnung auf dein Zuhause, den respektvollen Umgang mit all deinem Hab und Gut und den Ausdruck von Dankbarkeit gegenüber allem, was dich umgibt.
Ich hoffe, für dich war etwas dabei. Hab ein wunderbares Wochenende, erhol dich gut. Bis nächste Woche!
Die Ideen aus diesem Artikel stammen aus dem lesenswerten Buch „Die Kraft des Chowa. Der japanische Weg zu innerer und äußerer Harmonie“ von Akemi Tanaka. Du kannst dir das Buch hier ansehen.