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#15: Japanische Weisheiten

Seit geraumer Zeit öffnet sich der Westen mehr und mehr für östliche Weisheiten und Lehren. Wer sich dafür interessiert, findet haufenweise Bücher zu Themen wie TCM (traditionelle chinesische Medizin), Feng-Shui oder Ikebana – der japanischen Kunst des Blumenarrangierens.

Auch ich bin fasziniert von einigen Herangehensweisen, die uns der asiatische Kulturraum bietet – eine alternative Perspektive finde ich immer erstrebenswert. Marie Kondo liefert uns diesen anderen Blickwinkel: Sie ist Japanerin und lässt immer wieder japanische Traditionen und Weisheiten in ihr Werk einfließen. Spätestens seitdem ich ihre Bücher gelesen habe, interessiert mich die japanische Lebensweise. Auch wenn nicht alles an Japan toll ist (Stichwort: Konformismus), gibt es in der traditionellen japanischen Lebensart einige Aspekte, die eine genauere Betrachtung verdienen.

Im Laufe der nächsten Wochen möchte ich daher mein bis jetzt erworbenes Wissen mit dir teilen. Ich werde dir die Weisheit von Kaizen und Chōwa vorstellen - Strategien der praktischen Lebensführung - über die ich kürzlich Bücher gelesen habe. Aber zunächst denke ich, dass es als kleine Einstimmung ganz nett ist, einen Überblick über einige der bekanntesten oder interessantesten japanischen Begriffe und Redewendungen zu bekommen. Deshalb findest du hier dein

 

KLEINES LEXIKON JAPANISCHER WEISHEITEN

 

In der Hoffnung, dass dies eine Inspiration für dich ist, stelle ich dir hier eine Liste mit Wissenswertem rund um die japanische Kultur in Kurzform zusammen. Für ausführlichere (Lese-)Berichte, verpasse nicht die nächsten Beiträge, die jeden Freitag veröffentlicht werden. Wie immer gilt: Nimm das mit, was für dich Sinn ergibt und zu deinem Leben passt!

 

- Ein Furoshiki (風呂敷) ist ein quadratisches Tuch, das vor allem in Japan traditionellerweise als Verpackung und als Tragebeutel genutzt wird. Man kann zum Beispiel Geschenke darin einpacken.

 

- Ikebana (生け花 auch いけばな, wörtlich „lebende Blumen“) ist die japanische Kunst des Blumenarrangierens.

 

- Ikigai (生き甲斐, „Lebenssinn“) ist frei übersetzt „das, wofür es sich zu leben lohnt“, „die Freude und das Lebensziel“ oder „das Gefühl, etwas zu haben, für das es sich lohnt, morgens aufzustehen“.

 

- Kakeibo bedeutet wörtlich „Haushaltsbuch“ und wurde 1904 von Hani Motoko, der ersten japanischen Journalistin, erfunden. Es handelt sich um ein Werkzeug zum Tagebuchschreiben, das dabei hilft, den Überblick über die eigenen Finanzen zu wahren.

- Kakizome (書き初め, „erste Schrift”) beschreibt das Ritual, zu Beginn eines Jahres seine Vorsätze und Ziele festzuhalten. Spielten ursprünglich die Kalligraphie und dafür die Tinte und das Wasser, das zur Herstellung dieser verwendet wurde, eine übergeordnete Rolle (es kam am Neujahrsmorgen frisch aus dem Brunnen), geht es heute mehr darum, sich dieser Übung mit einem frischen Geist und einer klaren Ausrichtung anzunähern.

 

- Kintsugi (金継ぎ, „Goldverbindung“) ist eine traditionelle japanische Reparaturmethode für Keramik, bei der Bruchstücke bspw. von Geschirr mit Goldlack wieder zusammengeklebt werden. Zwei, wie ich finde, wunderschöne Gedanken stecken dahinter: Dort, wo ein Riss ist, tritt das Licht hinein und aus Fehlern kann man lernen, weshalb sie sichtbar gemacht und veredelt werden.

 

- Momijigari (紅葉狩りvon momiji (紅葉, „Rote Blätter“ oder „Herbstlaub“) und kari (狩り,„Jagen“) bezeichnet den japanischen Brauch, im Herbst Landschaften und Parks mit schöner herbstlicher Laubfärbung, insbesondere von Ahornbäumen, zu besuchen und dort Blätter zu sammeln. Es geht darum, die schönsten Blätter zu finden.

 

- Mono no aware (物の哀れ, „Das Pathos der Dinge“ oder auch „das Herzzerreißende der Dinge“) bezeichnet die Vergänglichkeit und gleichzeitige Schönheit des Existierenden. In der Volkskultur findet sich auch heute noch das Kirschblütenfest (花見, Hanami), das die schnellvergängliche, aber anmutige Blüte der japanischen Kirschbäume (桜, Sakura) zelebriert.

 

- Mottainai (勿体無い oder もったいない) ist ein Begriff, mit dem ein Gefühl des Bedauerns über die Verschwendung von Zeit, Gütern und Dingen zum Ausdruck gebracht wird. Mottainai hält uns dazu an, die Dinge in unserem Besitz voll zu nutzen und wertzuschätzen. Dazu gehört, dass wir ihre Lebensspanne verlängern, indem wir sie bspw. reparieren anstatt sie wegzuwerfen. Mottainai ist das Zero Waste der alten Edo-Zeit (1603-1868).

 

- Sampō-yoshi (三宝食料品店, „auf dreifache Weise gut“) bezeichnet die Verantwortung gegenüber Kund*innen, dem Geschäft/Unternehmens sowie der Umwelt. Es geht darum, Mitgefühl zu zeigen, das Glück aller im Blick zu haben und langfristig zu denken und zu handeln. Ein sehr zeitgemäßer (Geschäfts-)Ansatz wie ich finde.

 

- Shinrin-Yoku (森林浴) von shinrin (森林, „Wald”) und yoku (浴, „Bad”) ist auch bekannt als Waldbaden. Unter Waldbaden versteht man den achtsamen Aufenthalt im Wald, bei dem die Aufnahme der Waldatmosphäre und der enge Kontakt zur Natur im Fokus stehen. Es soll dazu verhelfen, Entschleunigung zu finden, neue Lebensfreude zu schöpfen und die Energiereserven aufzufüllen. Das Waldbaden ist in Japan eine anerkannte Naturheilmethode.

 

- Shintō (神道, im Deutschen meist übersetzt mit „Weg der Götter“) wird auch als Shintoismus bezeichnet und ist die traditionelle Religion Japans. Shintō und Buddhismus, die beiden in Japan bedeutendsten Religionen, sind aufgrund ihrer langen gemeinsamen Geschichte nicht immer leicht zu unterscheiden. Der Shintō geht davon aus, dass überall in der Natur kami (Geister) leben und das gilt auch für die von Menschen gemachten Dinge. Dies lehrt uns, dass alle Dinge, ob natürlich oder menschengemacht, einen inneren Wert haben und Respekt verdienen.

 

- Tokimeki (ときめき, „Herzklopfen“) ist das joy sparking auf Japanisch. Es wird häufig verglichen mit dem Gefühl des ersten Verliebtseins. Beim Aufräumen erfahren wir es, wenn wir Dinge aus der Vergangenheit durchsehen und so unser Leben wieder wertschätzen.

 

- Wabi-Sabi (侘寂) ist ein ästhetisches Konzept aus Japan, bei dem die Wahrnehmung von Schönheit im Zentrum steht. Nicht die offenkundige Schönheit ist das Höchste, sondern die verhüllte, nicht der unmittelbare Glanz der Sonne, sondern der gebrochene des Mondes. Der bemooste Fels, das grasbewachsene Strohdach, die knorrige Kiefer, der leicht rostige Teekessel – das und Ähnliches sind die Symbole dieses Schönheitsideals.

 

- Yaoyorozu no Kami (八百万の神, „Achtmillionen Götter”) beschreibt die Überzeugung des Shintō, dass das Göttliche überall zu finden ist: In der Natur, in Menschen, Tieren und Gegenständen. Ähnlich wie mottainai und der Glaube an kami (Geister) lehrt uns diese Weisheit den achtsamen Umgang mit allen, egal ob Mensch, Tier, Pflanze oder Gegenstand.

 

Ein paar Anregungen für dich

* Wie kannst du Geschenke nach Art von Furoshiki nachhaltig verpacken? Hast du vielleicht noch altes Geschenkpapier aufgehoben, das du wiederverwenden kannst?

* Finde dein ikigai – das, wofür es sich zu leben lohnt – und preise und ehre es, konzentrier dich darauf und zieh es jeden Tag in dein Leben.

* Wann hast du das letzte Mal einen Fehler gemacht und was kannst du daraus lernen? Denke darüber nach, wie ein Fehltritt Licht ins Dunkle bringen kann wie bei kintsugi.

* Wie sähe deine momijigari-Jagd aus? Was würdest du gerne sammeln?

* Wieviel Achtsamkeit und Wertschätzung bringst du deinem Besitz entgegen? Mach eine Bestandsaufnahme à la mottainai und wehre dich gegen jegliche Verschwendung!

* Wie wär’s mit einem Ausflug in den nächsten Wald? Lass das Handy zuhause (aber nimm eine Karte mit), lauf einfach drauf los, atme, rieche, fühle – nutze shinrin-yoku, um dich von deinen Alltagssorgen zu befreien.

Hinweis: Diese Liste ist unvollständig und nicht perfekt. Falls du mehr Wissen zu japanischen Weisheiten und Lust hast, es mit mir zu teilen, freue ich mich über deinen Kommentar.